Denkmal Alte Synagoge in Leipzig
Thomas Dudzak

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Vor ein­hun­dert Jahren scheit­erte der „Bierkeller-Putsch“ Hitlers und Luden­dorffs in München. Vor 85 Jahren wur­den in den Novem­ber­pogromen aber­tausende jüdis­che Men­schen Opfer der vom Nazi-Regime gelenk­ten Gewalt­maß­nah­men.  

Inner­halb weniger Jahre entwick­el­ten sich die Nazis von gescheit­erten Exis­ten­zen und rand­ständi­gen Fig­uren, wie sie von der dama­li­gen Presse oft dargestellt wur­den, zu bru­tal­en Machthabern, die ihren Kriegs- und Ver­nich­tungswillen poli­tisch real­isierten. Auf diesem Weg wur­den sie — als ver­meintlich nüt­zliche Idioten — von nation­al-kon­ser­v­a­tiv­en Kräften aus Poli­tik, Mil­itär, Wirtschaft usw unter­stützt.   

Die Geschichte ist bekan­nt, erforscht, kon­tro­vers disku­tiert — auf jeden Fall aber für jeden zu wis­sen. 

Nicht bekan­nt ist unsere Zukun­ft. Nicht bekan­nt ist, ob hun­dert Jahre nach dem Bierkeller-Putsch Kon­ser­v­a­tive wieder bere­it ste­hen, der extremen Recht­en den Weg in die Regierun­gen zu ebnen. Offiziell, also mit ihren Beschlus­sla­gen, ist die CDU da klar. Und auch der säch­sis­che Min­is­ter­präsi­dent Kretschmer lässt sich zitieren: “Eines ist von vorne rein aus­geschlossen — dass es irgend­was hier mit der AfD gibt, solange ich noch was zu sagen haben.” Das entschei­dende Wort ist hier „irgend­was“ — denn es ist das richtige Wort, das ich dem MP auch abnehme. Besorgt macht mich der Nach­satz. In anderen Bun­deslän­dern und in manchen Kom­munen zeigt sich: der Auss­chluss eines jeglichen „Irgend­was“ mit der extremen Recht­en nicht mehr gegeben. Die begin­nende Ero­sion kon­ser­v­a­tiv­er Sta­bil­ität gegenüber der Ver­suchung, mit den Men­schen­fein­den zusam­men Macht zu erlan­gen und Geset­ze zu ver­ab­schieden ist erkennbar. Es ist an der Zeit, dass die ganze Union hier in Sach­sen Farbe beken­nt. Ste­ht nur Michael Kretschmer — „solange er noch was zu sagen hat“ — für kon­ser­v­a­tive Sta­bil­ität oder ist es seine Partei?   

Schon 1923 war es ein Irrtum, die extreme Rechte als Spot­tfig­uren abzu­tun und es war ein his­torisches Ver­sagen kon­ser­v­a­tiv­er Kräfte, sie als Helfer­shelfer für die eigene Macht gebrauchen zu wollen. Auch dieses Ver­sagen hat den Zivil­i­sa­tions­bruch ermöglicht. „Kein Fußbre­it den Faschis­ten“ — das ist der Auss­chluss eines jeglichen „Irgend­was“. Ste­ht die säch­sis­che Union — in Gemein­den, Kreisen und im Land dazu? Auch wenn der Vor­sitz wech­seln sollte? Eine Antwort auf diese Frage haben die Men­schen in Sach­sen ver­di­ent, damit sie 2024 nicht die böse über­rascht wer­den. 

Ste­fan Hart­mann am 9. Novem­ber 2023