Stefan Hartmann spricht auf einer Kundgebung von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes.
Christian Neubauer

Tarifland Sachsen? Streikland Sachsen!

In dieser Woche wurde in Sach­sen gestreikt. In Pir­na beim Helios Klinikum. In Espen­hain bei SRW Met­alfloat. In Kessels­dorf bei „Vielfalt­Menü“. Und in Chem­nitz streikt der öffentliche Dienst.


Über­all das gle­iche Bild. Die Arbeit­ge­ber mit unanständig mick­ri­gen oder gar keinen Ange­boten, um mit angemesse­nen Lohn- und Gehalt­ser­höhun­gen der seit Jahren galop­pieren­den Infla­tion irgen­det­was ent­ge­gen­zuset­zen. Das ist nicht nur eine Schande, son­dern es ist respek­t­los gegenüber der guten Arbeit der Beschäftigten. Denn nur diese ermöglichen, dass Unternehmen, Kranken­häuser oder Behör­den über­haupt etwas leis­ten kön­nen. Zugle­ich ist es auch weit weg von klugem unternehmerischem Han­deln. Wir erin­nern uns gut daran, wie auf im Rah­men ein­er Podi­ums­diskus­sion der säch­sis­chen IHKen das The­ma Arbeits- und Fachkräfte­man­gel aufgerufen wurde. Und in Verbindung damit die Frage, ob Arbeit attrak­tiv genug sei. Der gesunde Men­schen­ver­stand hat darauf eine ein­fache Antwort. Gute Löhne, gute Arbeits­be­din­gun­gen, Mitbes­tim­mung — all das kön­nte helfen. Aber dort wurde anderes aufgerufen. Der Herr Chru­pal­la von der AfD meinte: Bürg­ergeld kürzen und für Men­schen bis 30 soll es gar nix geben. Andere sprachen davon, das in Nat­u­ralien auszuzahlen, qua­si einen Appel und ein Ei. Entsch­ieden­er Wider­spruch der Vertreter von CDU und FDP war nicht zu hören. Von erzkon­ser­v­a­tiv­er Seite heißt es also beim The­ma „attrak­tive Arbeit“: Lasst uns das Leben jen­seits des Berufs so mies machen, dass die Men­schen sich ‚glück­lich‘ in den Niedriglohn fügen. Darüber kann man nur wütend wer­den.


Aber auch die Arbeit­ge­ber in der Tar­ifrunde der Län­der im öffentlichen Dienst haben ein Ange­bot ver­weigert. In diesen Zeit­en wirtschaftlich­er und pri­vater Unsicher­heit ist das ver­w­er­flich. Das Argu­ment der ver­meintlich „knap­pen Kassen“ kann get­rost als Hohn ver­bucht wer­den. Denn die Knap­pheit ist selb­st gemacht. Während 100 Mil­liar­den Euro in einem soge­nan­nten „Son­derver­mö­gen“ — in Wirk­lichkeit sind es „Son­der­schulden“ — für Panz­er und Knar­ren bere­it­gestellt wer­den, wird sich geweigert, für jegliche der drin­gend nöti­gen Investi­tio­nen in diesem Land Kred­ite aufzunehmen. Damit erst wer­den die Kassen knapp. Klar, diese „Investi­tions­bremse“ ste­ht in der säch­sis­chen Ver­fas­sung und im Grundge­setz. DIE LINKE und die Gew­erkschaften sagen seit langem schon: weg damit. Es wäre eine gute Sache, wenn z. B. auch Grüne und SPD begin­nen wür­den, hier mitzukämpfen. Wie beim Min­dest­lohn wird das nicht gle­ich gelin­gen, aber vielle­icht noch rechtzeit­ig.


Denn damit Sach­sen Tar­i­fland wird — dafür braucht es auch eine starke öffentliche Hand und keinen abgemagerten Freis­taat.

Ste­fan Hart­mann, am 10. Novem­ber 2023