Von Salzburg lernen
Wenn alle, die gestern den Erfolg der Salzburger KPÖ bei der Gemeinderatswahl gefeiert haben, diese Politik auch direkt bei sich umsetzen würden, hätte unsere Partei keine Probleme mehr.
Oder zumindest sehr viel weniger. Denn was den Salzburger Erfolg ausmacht, ist keine Raketenwissenschaft. Die Partei wurde in Salzburg innerhalb von fünf Jahren zur zweitstärksten Kraft und konnte ihr Ergebnis von 2019 versechsfachen. Damit gelang ihnen, was zuvor bereits in Graz gezeigt werden konnte: glaubwürdige und nahbare Politik, die bedingungslos die Interessen der Menschen vertritt.
Das Erfolgsrezept ist eine Mischung aus täglicher Basisarbeit, glaubwürdigen Vertreterinnen dieser Politik und damit ein grundsätzlicher anderer Politikansatz als ihnen die anderen Parteien verfolgen. Wie in Graz, kappen die Mandatsträger der Partei ihre Politikergehälter auf dem Niveau eines Facharbeiterlohns, der Rest geht in einen Sozialfonds, mit dem konkret Menschen geholfen werden kann. Meist braucht es aber nicht nur finanzielle Hilfe: In den Sozialsprechstunden der Partei kommen Menschen mit ganz konkreten Sorgen rund ums Wohnen, Behörden und ganz alltäglichen Problemen. Auch die Bürgermeisterin Elke Kahr in Graz öffnet ihre Türen zwei Mal in der Woche für diese Sprechstunden. Es macht einen grundlegenden Unterschied, wirklich ansprechbar zu sein.
Die Partei entwickelt durch die Sprechstunden dadurch auch eine Expertise, die sie im Parlament als Stimme beispielsweise beim Thema Wohnen für die Mieterinnen und Mieter nutzen kann. Ihre Politik ist glaubwürdig und zieht ihr Material direkt aus dem wirklichen Leben statt aus dem politischen Zirkus um sie herum.
Dazu kommen Spitzenkandidaten wie Kay-Michael Dankl, der sich über Jahre hinweg für sozialen Wohnungsbau einsetzt. Sein Team und er machen nicht erst seit sechs Wochen Wahlkampf, sondern sind dauerhaft in den Bezirken präsent, in denen die Armutsquote und der Anteil an Nichtwähler:innen besonders hoch ist. Auf seinen Wahlplakaten heißt es deshalb auch „Einer, der sich ums Wohnen kümmert“.
Die Partei wirkt damit nicht nur glaubwürdig und nahbar, sie ist auch freundlich und den Menschen zugewandt. Die vielen Fotos von Aktionen der letzten Wochen zeugen davon. An Aktionswochenenden konnte das Salzburger Team auch weitere Freiwillige aus dem ganzen Land für den Wahlkampf mobilisieren. Ältere Genossen schließen sich nach Jahren der Distanz wieder an, viele Jüngere kommen über die Junge Linke hinzu. Im frisch renovierten Volksheim wird zusammen gekocht, es gibt einen Spieleabend für Mädchen, marxistische Lesekreise und Wahlkampfplanung. Der Wahlkampf ist professionell, aber er macht auch Spaß. Und es gibt für jeden und jede einen Platz – ob am Infostand, beim Stecken von Infoflyern, Kleistern von Wahlplakaten, bei der Versorgung der anderen Freiwilligen.
Die politische Arbeit ist praktisch, sie verzettelt sich nicht in Diskussionen. So konnte die Salzburger KPÖ auch innerhalb weniger Jahre das schaffen, was die Grazer zuvor in mehr als dreißig Jahren kommunalpolitisch aufgebaut hatten. Das zeigt, dass der Ansatz auch schneller Früchte trägt, als manche Skeptiker, die bloß auf Wahlerfolge schielen, munkelten.
Und ganz nebenher hat dieser Politikansatz den schönen Effekt, den Rechten nicht hinterherzulaufen, sondern sie vielmehr vor sich herzutreiben, wenn es gelingt die Themen von Kulturkampf hin zu ganz konkreten sozialen Fragen und ihren Lösungen zu lenken. Das setzt die etablierten Parteien genauso unter Druck wie die Rechten, die durch die KPÖ sowohl in Graz als auch in Salzburg nun erfolgreich gegen den Bundestrend in Schach gehalten werden konnten. Selbs die FPÖ musste in den letzten Wochen des Wahlkampfs auf das allgegenwärtige Thema Wohnen umschwenken.
Salzburg hat in etwa die Größe von Halle oder Kiel. Mit weniger Genossinnen und Genossen ist etwas politisch sehr schlagkräftiges gelungen. Es gibt also für uns keine Ausreden mehr, mit der Arbeit zu beginnen.
Susanne Schaper, Ines Schwerdtner und Stefan Hartmann, 11. März 2024